Page 11

BaS_Print_02_2014

AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  Trading  FONDS  ZERTI FIKAT E  Rohstoffe  Lebensart Finanzmarktschädigungssteuer Viele Verlierer und kein richtiger Gewinner Die Finanztransaktionssteuer wird kommen. Hierzu haben sich jedenfalls die Finanzminister von zehn EU-Ländern im Mai noch einmal ausdrücklich bekannt. Die Frage ist nur noch wann und wie. Auch wenn die Steuer von der gesamten Finanzbranche und weiten Teilen der Wirtschaft abgelehnt wird und auch wenn die Zweifel bei einigen Bundestagsabgeordneten weiter wachsen, kann dieses Projekt nicht einfach ad acta gelegt werden. Dies wäre mit einem enormen Gesichtsverlust der politisch Verantwortlichen verbunden. Dabei änderte sich die Begründung für die Notwendigkeit einer Finanztransaktionssteuer im Laufe der Zeit. So stand im Mai 2010 bei der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags noch der Verwendungszweck klar im Fokus: Die Steuer sollte Gutes bewirken. Viele von der Opposition eingeladene Experten wollten mit dem Steueraufkommen die Armut in der Dritten Welt bekämpfen und Entwicklungsprojekte fördern. Dann trat die Finanzkrise in den Vordergrund. Jetzt war das Hauptziel, die Verursacher der Krise an deren Kosten zu beteiligen – einige amerikanische Professoren bezeichnen die Steuer deshalb auch als „sin tax“. Heute geht es Vielen nur noch um frisches Geld für den Staatshaushalt. Gleichzeitig hat die Europäische Kommission ihre wettbewerbspolitischen Ziele aufgegeben. 1991 wurden die nationalen Kapitalverkehrssteuern ja abgeschafft, um die Wettbewerbsunterschiede in Europa zu verringern. Eine Finanztransaktionssteuer, die nur in Teilen der Euro-Zone eingeführt wird, bewirkt nun aber das genaue Gegenteil. Ohne die Einbeziehung des Finanzplatzes London – von Zürich ganz zu schweigen – würde insbesondere der Finanzplatz Frankfurt geschwächt. Während die schwarz-gelbe Koalition noch Finanzmarktförderungsgesetze auf den Weg gebracht hat, arbeitet jetzt die schwarz-rote Koalition gemeinsam mit der EU-Kommission konsequent an einer Steuer, die für die beteiligten Länder letztlich nichts anderes als eine „Finanzmarktschädigungssteuer“ darstellt. Wer dies für übertrieben hält, braucht nur einen Blick auf Frankreich und Italien zu werfen, die kürzlich nationale Finanztransaktionssteuern eingeführt haben. Die Zahlen sprechen für sich: Laut einer Studie der Credit Suisse sank in den ersten 20 Monaten nach der Steuereinführung das Volumen des Aktienhandels in Paris um durchschnittlich 9,2 %. In Mailand brachen die Börsenumsätze in den drei letzten Quartalen 2013 sogar um etwa 29,7 % ein, während sie im gleichen Zeitraum europaweit um 4,5 % anzogen. Wird nun wenigstens das Ziel erreicht, dass die Banken die Zeche zahlen? Um die Zustimmung der deutschen Bevölkerung zur Finanztransaktionssteuer nicht zu gefährden, wurde den Wählern nämlich versprochen, die Steuer treffe die Banken – und nicht etwa die Unternehmen oder gar die Privatanleger, die für ihr Alter vorsorgen. Nun belastet aber die Finanztransaktionssteuer, wie jede Art von Umsatzsteuer, den Letzten in der Kette. Das zeigt auch ein Blick auf Italien. Hier sieht jeder Privatanleger auf seiner Wertpapierabrechnung: Er muss die Zeche alleine zahlen. Ist die Finanztransaktionssteuer wenigstens für den Finanzminister ein gutes Geschäft? Auch diese Frage muss verneint werden. Die Einnahmen aus dieser Steuer werden sehr viel geringer ausfallen als erwartet. Noch einmal ein Blick auf Italien: Statt einer Milliarde Euro wurden nur 200 Millionen Euro eingenommen. Dies alles wird die Finanztransaktionssteuer aber nicht aufhalten, da der politische Wille zu ihrer Einführung nach wie vor nahezu ungebrochen ist. Deshalb muss es jetzt darum gehen, die Kollateralschäden zu begrenzen. Je weniger Finanzprodukte betroffen sind, umso besser für den deutschen Finanzmarkt. Je mehr Ausnahmen insbesondere für die Altersvorsorge berücksichtigt werden, desto besser für die Sparer und Anleger. Damit wird der berechtigten Kritik an der Steuer Rechnung getragen, und die politisch Verantwortlichen wahren ihr Gesicht. Kommentar Dr. Hartmut Knüppel Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Derivate Verbands (DDV) BÖRSE 11 am Sonntag · 1 1 | 201 4 Gastbeitrag


BaS_Print_02_2014
To see the actual publication please follow the link above