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Lebensart  AKTIEN & MÄRKTE  unternehmen Trading  fonds  Zertifikate  rohstoffe Im Gespräch Leistungsbilanz des Waldes ist nicht zu übertreffen Ein Interview mit Philipp Freiherr von und zu Guttenberg, dem Vorsitzenden des Verbades der Waldbesitzer in Deutschland; die Fragen stellte Stefan Groß. Börse am Sonntag: Nachhaltigkeit ist derzeit in allen Medien ein Schlagwort. Sie unterscheiden zwischen „falscher“ und „echter“ Nachhaltigkeit. Können Sie das erklären? Philipp Reichsfreiherr v. und zu Guttenberg: Dieser vielzitierte Ansatz der Nachhaltigkeit ist nicht neu. Hans-Carl v. Carlowitz verwendete in einer Publikation aus dem Jahre 1713 den Begriff der „nachhaltigen Nutzung“ der Wälder nachweislich zum ersten Mal. Es bedeutet, aus der Natur zu lernen und verantwortungsvoll mit Blick auf künftige Generationen zu wirtschaften. Nachhaltigkeit entstand und gilt bis heute als individuelles ökonomisches Modell im ländlichen Raum zur langfristigen Sicherung der Lebens- und Produktionsgrundlagen. Wenn dieses Prinzip der Nachhaltigkeit – eingebettet in ein gesundes, nicht auf die schnelle Gewinnmitnahme ausgerichtetes Wertesystem – durch die Generationen weitergegeben wird in stetiger Obsorge für unsere Natur, auch als Produktions und Lebensgrundlage, profitieren einerseits die nachhaltig Wirtschafteten stetig von der Vorsorge Ihrer Vorväter, andererseits stehen sie selbst ihren Kindern und Kindeskindern gegenüber in der Pflicht. Das Fundament für dieses Handeln ist dabei zwingend Eigentum, Eigenverantwortlichkeit und ein freiheitlicher Handlungsrahmen, der tatsächlich die Obsorge für die nächste Generation ermöglicht. Alles, was diesen zwingenden Prinzipien widerspricht, ist meist nicht nachhaltig, sondern bedient sich dieses Etiketts. Das verstehe ich unter falscher Nachhaltigkeit. BaS: Sie sprechen vom „Wald als Waffe“, was ist darunter zu verstehen? Guttenberg: Viele Akteure versuchen die Bedeutungshoheit über den Wald und seine Nutzung zu erhalten. Oft stehen dahinter keine Sachinteressen, sondern ideologische Denkmuster, die den „Wald“ zu einem Schlachtfeld für politische Zwecke missbrauchen. Im Kampf um mediale Aufmerksamkeit sind Alarmismus und Polemik an der Tagesordnung. Der „Wald“ dient hier meist nur als Mittel zum Zweck. Das merkt man vor allem daran, wenn die Bereitschaft fehlt, sich mit den eigentlich Betroffenen – also den Waldbesitzern und Förstern – an einen Tisch zu setzen und einen Konsens zu finden, der für alle tragbar ist. „Wald als Waffe“ hat jedoch auch noch eine andere – positive – Bedeutung. Denn gerade in Zeiten der Energiewende ist Wald eine echte Allzweckwaffe. Nachhaltig erwirtschaftetes Holz ist eine der intelligentesten Ressourcen, die wir haben. Interview Philipp Freiherr von und zu Guttenberg BÖRSE 66 am Sonntag · 1 1 | 201 4


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